Was ist Osteopathie?

Der Begründer der Osteopathie, Andrew Taylor Still, verstand in seiner Idee die Normalisierung aller Gewebe, die durch ihre komprimierende Krafteinwirkung zu einer "Abweichung in den Knochen" führten.

Der Ursprung des Wortes "Osteopathie" stammt aus dem Griechischen: "osteon" = Knochen und "pathos" = Leiden.

Dies gibt Anlass zu missverständlicher Übersetzung und Deutung als "Knochenkrankheit". Still selbst schrieb später dazu: "Das ist ein schwerer Irrtum. Ich dachte an den Knochen als Ausgangspunkt pathologischer Syndrome. Daraus entstand dann aus "osteon" und "pathos" die Verbindung "Osteopathie". 
Er wählte diesen Namen für sein Therapiekonzept, weil er mit Forschungen am Knochen begann und damit anfing, zunächst das knöcherne Skelett zu normalisieren.
 Erst später erkannte er, dass nicht nur Knochen, sondern auch das Verbindungsgewebe zwischen Organen, Muskeln, Sehnen und Bändern durch eingeschränkte Beweglichkeit zu Dysfunktionen führen kann.
 Der Name "Osteopathie" beschreibt das ganzheitliche Spektrum des Osteopathen nur ungenügend. Es wäre aber sehr schwierig oder fast unmöglich, einen geeigneten Namen zu finden, der das breite Feld der Osteopathie umfassen würde, also bleiben wir bei der "Osteopathie".

A. T. Still betrachtet den Knochen als Spiegel der Kräfte, die im Körper wirken.

Heute behandeln wir mittels manueller Therapie die Knochen- bzw. Gelenkstellung. Wir machen uns aber keine Gedanken darüber, wie es zu dieser Stellungs- bzw. Beweglichkeitsveränderung gekommen ist.

Die Osteopathie versucht, all die Gewebe zu normalisieren, die auf den Knochen eine mechanische oder neurovegetative Auswirkung haben.

In der Entwicklung der Osteopathie haben sich verschiedene Gebiete differenziert:

Parietale Osteopathie

• Untersuchung und Behandlung der Gelenke in Funktion und Beweglichkeit in Abhängigkeit zu anderen Körpersystemen

• Verwandte Techniken finden sich in der heutigen Zeit in der Manuellen Therapie und in der Chirotherapie

Myofasciale Osteopathie

• Untersuchung und Behandlung von Muskel-, Bindegewebs- und Fascienschichten

Viscerale Osteopathie

• Normalisierung der Organbeweglichkeit

• Unterbrechung von negativen neurovegetativen Afferenzen

• Wiederherstellung des internen Organmilieus

Cranio-Sacrale Osteopathie

• Normalisierung der Mobilität der Schädelknochen

• Verbesserung der Liquorzirkulation

• Entspannung der Meningealmembranen

• Neurovegetative Integration

Die Osteopathie ist also ein medizinisches Behandlungssystem. Es bedient sich der Hände zur Untersuchung und Therapie, also sanfter manueller Techniken, wobei das Individuum in seiner Ganzheit erfasst und respektiert wird.

Das Ziel der Osteopathie ist die Wiederherstellung der Harmonie des Gesamtorganismus und seiner Selbstheilungskräfte.
 Fern von jedem Mystizismus basiert sie auf der äußerst präzisen Kenntnis von Anatomie, Physiologie, Pathologie, Biomechanik, Embryologie.

Die Subtilität und Integrität der osteopathischen Techniken verlangen fachliche Kompetenz und ein gutes Palpationsvermögen, was die lange und intensive theoretische Ausbildungszeit erklärt.

Übrigens: "Pathos" bedeutet nicht nur "leiden", sondern auch "Leidenschaft".

Die Osteopathie gliedert den Körper in verschiedene Systeme, die nur in einem engen und gut koordinierten Zusammenhang funktionieren können. Es darf niemals der Gedanke entstehen, es würde "verschiedene" Osteopathien geben.

Es gibt nur eine einzige und einzigartige Osteopathie mit vielen verschiedenen Techniken, deren Stärke in ihrer kombinierten Integration und Anwendung in der spezifischen Behandlung des Individuums besteht.

Eine osteopathische Behandlung versucht, manuell Beziehungen zwischen unterschiedlichen Strukturen zu erkennen. Diese dann gegebenenfalls auch zu normalisieren, damit die Gefäßsysteme (=Ernährung und Abfalltransport) und Nerven (=Koordination) wieder ein integrierendes und unterstützendes Gerüst für den Gesamtorganismus herstellen. Das Ziel der Behandlung ist es, ursächliche Krankheitsfaktoren aufzulösen oder abzuschwächen, freie Beweglichkeit der Gelenke und Faszien wieder einzurichten, das autonome Nervensystem auszugleichen, die Körperstatik zu harmonisieren, viszerale Störungen aufzulösen und psycho-emotionale Erleichterung und Entspannung zu erreichen. Das Muskel-Faszien-Skelett-System ist dabei von zentraler Bedeutung. Aber auch Ernährung, psychische, soziale und andere Lebensfaktoren werden mit berücksichtigt.
 
Eine optimale Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Disziplinen ist deswegen sehr wichtig.

Es soll keinesfalls der Eindruck entstehen, dass die Osteopathie das Allheilmittel ist. Es ist auch selbstverständlich, dass eine osteopathische Behandlung nicht als Ersatz einer medikamentösen oder operativen Therapie gesehen werden kann. Osteopathische Techniken versuchen die Abwehrkräfte des Patienten zu stärken und sollen synergetisch mit Pharmazeutika und homöopathischen Mitteln, die den Krankheitserreger direkt bekämpfen, angewandt werden.


Osteopathen arbeiten nach drei Basisprinzipien

• Erstens bildet unser Körper eine Einheit, wobei alle Teile aufeinander abgestimmt sind.
Das Zusammenspiel dieser Teile ist entscheidend für unsere Gesundheit. 
Osteopathie ist eine manuelle Behandlungsmethode, die versucht, das gestörte körperliche Gleichgewicht wieder herzustellen. 
Wenn irgend etwas nicht in Ordnung ist, hat das Einfluss auf den gesamten Menschen. Allerdings müssen Probleme nicht dort auftreten, wo sie entstanden sind.
 Da unsere Körperbewegungen nur von Muskelketten und nicht von einzelnen Muskeln ausgeführt werden, wird deutlich, dass z.B. ein Problem im Knie sich auf den Nacken auswirken kann, oder dass ein Beckenschiefstand eventuell Kopfschmerzen verursacht.
 So können auch Wirbelgelenke und Rippen durch Blockierungen (sympathische) Nerven von Organen einklemmen und dadurch die entsprechende Organfunktion, zum Beispiel des Herzens, stören.

• Zweitens verfügt unser Körper über ein "eigenes Abwehrsystem".
Durch verschiedene Techniken, die vor allem die Durchblutung verbessern, wird der Osteopath versuchen, die Widerstandsfähigkeit des Körpers zu stärken.
 Der Körper ist in kontinuierlichem Bestreben, Toxine zu binden, zu entgiften und auszuscheiden, so dass er selbst bei langer Fehlernährung noch erstaunlich gut funktionieren kann. 
Das Entstehen von Krankheiten ist abhängig von den Abwehrkräften des Organismus und der Stärke der toxischen Einflüsse.
 In all diesen Fällen versucht der Körper, jeglichen Reiz, der Stress oder eine Belastung auslöst, zu verarbeiten. Dazu verfügt unser Körper über Kompensationsmechanismen. Der Körper wird dann aber anfangen, sich anders zu bewegen und abnormale Spannungen aufbauen. Ab einem bestimmten Niveau der Akkumulation von verschiedenen krankhaften Einflüssen ist die Kompensationsfähigkeit und Abwehrkraft des Organismus so weit vermindert, dass sie durch einen erneuten, sogar sehr banalen Auslöser oder Krankheitserreger, z.B. Kältezug, ungewöhnliche Arbeit, Sturz... überwunden werden kann.
 Durch die therapeutische Auflösung verschiedener dieser krankmachenden Einflüsse kann der Organismus erneut genügend Kompensationsmöglichkeiten aufbauen, so dass er imstande ist, sich selbst zu heilen.

• Unser drittes Prinzip ist die "Beweglichkeit". Leben ist Bewegen, Bewegen ist Leben. Bei Krankheit ist oft auch die Beweglichkeit eingeschränkt. Wir meinen hier aber nicht nur die Beweglichkeit von Gelenken und Muskeln, sondern auch von Nerven, Eingeweiden, Sehnen, Bändern usw...
 So kann eine Störung des Magens Einfluss haben auf die Beweglichkeit des Zwerchfells und demzufolge auch auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule.